Ein Freund von mir war kürzlich in Belgien. Auf seinem Hotelzimmer war ein Schild mit der Botschaft „Don’t believe the Swiss. We have the best chocolate.“ Und wie mein Charakter so gestrickt ist, konnte ich das als in der Schweiz Lebender natürlich nicht für mich behalten. Ich tischte es hie und da dem einen oder anderen Schweizer auf, dem ich nicht zutraute, mich dafür zu verprügeln. Die meisten lachten nur kurz. Jeder Einzelne war sich sicher, dass die Belgier ein verlogenes Völkchen sind. Eine Kommilitonin schließlich ließ sich auf eine Diskussion ein, die sich schlussendlich auf die beiden Positionen „Schweizer Schokolade ist sicher nicht verkehrt, aber unverschämt teuer“ und „Schweizer Schokolade ist das Beste, das es gibt und auch günstig zu erstehen“ fest fuhr. Welche der beiden Haltungen ich einnahm, dürfte klar sein. Der einzige Ausweg aus dieser vertrackten Situation war eine Wette.

Sie garantierte mir, dass es bei dem Supermarkt coop echte Lindt-Schokolade für weniger als einen Franken gibt. Als mehrmonatig Leidgeplagter von mittelprächtiger Billigschokolade angesichts horrender Preise für gehobene Kakaomasse schlug ich ein. Alle uns umgebendenden Schweizer lächelten mich mitleidig an, als ich den Einsatz siegessicher von einer auf zwei Tafeln erhöhte. „Naja macht ja nichts,“ dachte ich mir, „wenn eine Tafel so billig ist, dann kann ich mir auch zwei leisten.“ Sie freute sich auf kostenlose Schoggi, ich freute mich auf kostenlose Schoggi. Zu dem Zeitpunkt hatte die Welt zwei strahlende Gesichter mehr.

Gestern kaufte ich ein. Ich suchte und suchte und suchte. Doch günstige Lindt-Schoggi fand ich keine. 1,95 Franken berappte ich schließlich für eine Tafel Lindor. Günstiger kam ich nicht weg. Zugegebenermaßen war sie es wert. Verdammt, war die es wert. Die war es sowas von wert, dass ich diese Woche nicht umhin kommen werde, noch eine weitere zu kaufen.

Beweismaterial

Das Beweisstück. In den Hintergrund hat sich meine neue Cutmatt geschlichen. Die olle Flitzerkuh. (Man beachte auch die Doppelbürli. 50% reduziert!)

Heute servierte ich meiner Wettkollegin den Kassenzettel. Entsetzt recherchierte sie eine Stunde lang im Internet.

Und beharrt nun nur noch vehement darauf, dass es sich um die beste Schoggi der Welt handelt.

Swiss Roll

29|03|10

Japaner haben nicht nur eine Vorliebe für deutschen Baumkuchen, nein, sie stehen auch auf schaumartigen Teig, gerollt mit Sahneschleim. Oder besser Rahmschleim, denn sie nennen das ganze „Swiss Roll“. Kennt hier zwar irgendwie keiner, macht aber auch nichts, schmeckt nämlich nicht so gut.

Swiss Roll von Muji in Japan

Japan, das Land der Mundschutzträger, hat Bräuche, die so ganz im Geiste dieser Eigentümse sind.
Ein Beispiel? Man darf hier nicht die Nase putzen! Nichtmal abwischen wenn’s so richtig schön trieft ist genehm. Man macht stattdessen, was derweil jede europäische Mutter ihrem kleinen Nachselbst mühsamst abgewöhnt: rauf ziehen. Anders formuliert, grunzen.
Ganz besonders schön, wenn man hier in der Metro sitzt (wenn man denn mal das Glück eines Sitzplatzes hatte) und der powarmnahe Nachbar penetrant vor sich hin rüsselt.
Man verkneift sich Reaktionen, und kassiert sie anschließend dann selbst, wenn man in einer dunklen Ecke eines Siebzigzentimetergässchens scheinbar unbeobachtet mit einem Taschentuch parfümesk an der Nase vorbei wedelt.
Super.

Aber der Hang zur geräuschvollen Durchlebung der Welt hat auch Vorteile. Wenn der Japaner seine Suppe schlürfen darf, dann darf ich ja wohl meinen Milchshake lärmend hoch rüsseln.
Soeben getan.

Hmpf

20|03|10

Mein Plan den Jetlag zu überwinden (kein Schlaf im Flieger, dafür vier größtenteils gute Filme, ein paar Partien Tetris (gegen meine Sitznachbarin!), das BestOf von Bette Midler, das Werk von Danny Elfman für Tim Burton, eine Dokumentation über das Design des BIC-Pens und ganz viel Essen) ging soweit fast auf.
29 Stunden wach, zehn Stunden Schlaf, nun etwas zu früh Start in den doofwetterigen Tag.

10 Tage Tokio

19|03|10

Und gleich noch eine weitere Kurzkritik hinterher.

Alice im Wunderland

Alice im Wunderland beweist, dass auch ein Tim Burton mal einen mittelprächtigen Film abliefern kann. Trotz künstlerischer Freiheiten im Vergleich zur Buchvorlage eine banal-simpel gestrickte Handlung, die einfach nicht zu fesseln vermag. Da hilft auch die finale Herr-der-Ringe-Kampfszene nichts. Die Schauspieler sind (abgesehen vom blassen Herrn Depp) allesamt fein, besonders Helena Bonham-Carter natürlich. („I need a pig here,… I love a warm pig belly for my aching feet.“) Außerdem ein sehr sehenswertes Setdesign.
In 3D muss man den Film allerdings keinesfalls sehen, dass er nicht in 3D gedreht, sondern nur nachbearbeitet wurde, zeigt sich in seiner Pappaufstelleroptik. Dann lieber 2D und leuchtendere Farben.
Alles in allem ein flaches, aber kurzweiliges Vergnügen.

Up in the Air

16|03|10

Ich las mal, Blogs sind dann erfolgreich, wenn man ganz viel eigene Meinung reinpumpt. Das finde ich nicht, aber dennoch möchte ich eine anfänglich gepflegte Weise, gesehene Filme kurz zu beurteilen, wieder aufleben lassen. Denn ich bin nicht nur Wahlschweizer, sondern auch Filmfreund.

Up in the Air

Zwar musste ich mir von (lokal) Zurückgebliebenen schon sagen lassen, dass der im Kino nicht mehr läuft, aber dann sollte man ihn wenigstens für später vormerken.

Up in the Air ist wunderbare Kinokost. Ein Drama, aber nicht zu triefend, eine Komödie, aber nicht albern, eine Tragödie, aber nicht zu rührselig. Ein grandioses Paralleluniversum mannigfaltiger dramaturgischer Ebenen mit hervorragenden, ideal besetzten Schauspielern (die dennoch allesamt keine Oscarnominierung verdient haben) und schönen Luftaufnahmen. Trotz der schwächeren zweiten Hälfte und der nicht ganz himmelblauen Krisenthematik und ganz besonders trotz des grundstimmungkonformen Endes lässt der Film einen horizonterweitert und beschwingt zurück. Toll.

Dell-Rechner sind die gequirlte Kacke eines moppeligen Fast-Food-Volkes.
Ein bisschen wie Formfleisch.

So. Jetzt nicht mehr aufregen und wieder seriös. (Also ohne Klischees.)